Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Obwohl sich unsere Aufmerksamkeit in den letzten Monaten auf die Corona-Maßnahmen konzentriert hat, ist sexuelle Belästigung nicht von der Bildschirmfläche verschwunden. Das Gegenteil ist der Fall – verbale und nonverbale Belästigung und Diskriminierung treten leider öfters auf. Um das Arbeitsumfeld frei von sexueller Belästigung und Diskriminierung zu schaffen, braucht es Prävention, Sensibilisierung, einen professionellen Umgang auf organisatorischer Ebene und haben beim SAMARIETERBUND nichts verloren!
Wie? Was? Wann?
Wann spricht man von sexueller Belästigung bzw. was ist Diskriminierung?
Das Gleichbehandlungsgesetz im Arbeitsleben definiert sexuelle Belästigung als “ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt und für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist (…) sexuelle Belästigung liegt vor, wenn dieses Verhalten seitens ArbeitgeberIn, KollegenIn, von Dritten (z. B. KundIn) an den Tag gelegt wird oder wenn ArbeitgeberInnen es schuldhaft unterlassen, eine angemessene Abhilfe zu schaffen. ”
Sexuelle Belästigung ist u.a., was als solche empfunden wird und für die betroffene Person unerwünscht ist. Das kann ein “freundschaftlicher” Klaps sein, eine zweideutige Anspielung oder eine echte handgreifliche Attacke.
Diskriminierung ist jede Form der ungerechtfertigten Benachteiligung oder Ungleichbehandlung von einzelnen Personen oder Gruppen aufgrund verschiedener wahrnehmbarer beziehungsweise nicht unmittelbar wahrnehmbarer Merkmale. Wahrnehmbar sind zum Beispiel Alter, ethnische Zugehörigkeit oder Behinderung. Nicht unmittelbar wahrnehmbar sind beispielsweise Weltanschauung, Religion oder sexuelle Orientierung.
Beispiele für sexuelle Belästigung:
- Anzügliche Witze, Hinterherpfeifen
- Anzügliche Bemerkungen über Figur oder sexuelles Verhalten im Privatleben
- Eindeutige verbale sexuelle Äußerungen
- Unerwünschte Einladungen mit eindeutiger (benannter) Absicht
- Telefongespräche, Briefe, E-Mails, SMS-Nachrichten, usw. mit sexuellen Anspielungen
- zufällige/gezielte körperliche Berührungen
- Aufforderung zu sexuellen Handlungen
- exhibitionistische Handlungen
- …
Beispiele für Diskriminierung:
- Frauen haben im Rettungsdienst nichts verloren
- Sich über homosexuellen Kollegen lustig zu machen
- “schwulenfeindliche” Witze tätigen
- Abwertende Bemerkungen über eine sexuelle Orientierung
- Personen mit dunkler Hautfarbe schlechter behandeln als welche mit heller Hautfarbe
- Negative Bemerkungen über eine Frau mit Kopftuch
- Rassistische Bemerkungen aller Art
- …
Rechtliche Folgen bei sexueller Belästigung
Der Belästiger oder die Belästigerin ist verpflichtet, deren Verhalten sofort einzustellen.
Im Fall sexueller Belästigung am Arbeitsplatz haben ArbeitgeberInnen bestimmte Verantwortlichkeiten, die im Gleichbehandlungsgesetz geregelt sind. Eine Untätigkeit des Dienstgebers oder der Dienstgeberin kann bis zur Schadensersatzpflicht führen. ArbeitgeberInnen haben im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht verantwortlich für die Wahrung der persönlichen und sexuellen Integrität ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu sorgen.
Trennung der involvierten Personen als Maßnahme nach sexueller Belästigung
Zu den konkreten Maßnahmen, die ArbeitgeberInnen setzen sollten, um zukünftige sexuelle Belästigung zu vermeiden, zählt u. a. die Trennung der involvierten Personen, falls eine solche ohne Nachteil für die belästigte Person durchführbar ist. “Ist eine Belästigung festgestellt, müssen ArbeitgeberInnen Maßnahmen gegen belästigende Personen ergreifen, und zwar nach dem von der Judikatur entwickelten Verhältnismäßigkeitsprinzip”. Das heißt, dass die gesetzte Maßnahme im Verhältnis zur Belästigung stehen muss.
“Bei wenig gravierender und erstmaliger Belästigung könnte etwa ein klares Gespräch verhältnismäßig sein, bei sehr gravierenden und/oder mehrfachen sexuellen Belästigungen kann auch eine Entlassung verhältnismäßig sein”
(….) Welche Maßnahme angemessen ist, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Das Spektrum sexueller Belästigungen ist breit; dementsprechend breit ist auch das Spektrum möglicher Reaktionen (zB Ermahnung, Verwarnung, Kündigung, Entlassung)
(….) Sexuelle Belästigung ist ein wichtiger Grund, der den Arbeitgeber im Einzelfall zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses berechtigen kann. Als ultima ratio kann auch eine sofortige Entlassung des Belästigers gerechtfertigt sein, zum einen, um die sexuell belästigte Person nicht der Gefahr weiterer Übergriffe auszusetzen, zum anderen aber auch, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, nicht für geeignete Abhilfe gesorgt zu haben (§ 6 Abs 1 Z 2 GlBG; RIS-Justiz RS0105952 ua).
Ihr fühlt euch sexuell belästigt oder diskrimieniert?
Zunächst solltet ihr den Belästiger oder die Belästigerin höflich, aber bestimmt darauf aufmerksam machen, dass sein oder ihr Verhalten unerwünscht ist! Meldet euch direkt bei euren Vorgesetzten und/ oder dem Betriebsrat. Abgesehen davon, könnt ihr euch ebenso an die Arbeiterkammer, Fachgewerkschaft oder an die Gleichbehandlungsanwaltschaft wenden.
Mit kollegialen Grüßen!
Eure Betriebsräte